Beschreibung
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gibt es keinen einheitlichen Sinfoniebegriff mehr, aus Sicht der Musiktheorie, und spätestens mit dem 21. Jahrhundert wird es auch für die Mittelklasse langsam ziemlich eng. Und das nicht nur auf dem Neuwagenmarkt, wo es zunehmend nur noch angeschwollene SUVs oder rollende Hustenbonbons zu geben scheint – auch bei den Menschen dahinter, die den ganzen Tand eigentlich kaufen und verkaufen sollen. GARDEN GANG nutzen den entstandenen Raum dazwischen und haben mit MIDDLE CLASS SYMPHONY ein herzerwärmend liebevolles und gleichzeitig angenehm den Hintern zucken lassendes Album abgeliefert, das im Gegensatz zu manch anderen zeitgenössischen Kunstformen und Statussymbolen gleichermaßen Rücksicht auf den Geldbeutel und den Platz in der Regalwand nimmt. Das war es dann aber auch schon mit den zurückhaltenden Bestandteilen: Wie auditiver Pattex verklebt es die nostalgische Glorie klassischer Kickass-Blues-Spielarten mit dem exstatischen Zukunftswillen der fröhlich bis flehentlichen Leadvocals, die mal mehr an die grelle Clownerie der ADICTS, dann wieder die grauere von THE CURE erinnern. Der Sound der Band aus München und Zürich – zwei besonders bedrohten Habitaten der scheuen Mittelklasse – ist ein wohlig abgeschmecktes Amalgamat aus Powerpop, Beat, Glampunk und einer Messerspitze Rockabilly, die Liste illustrer Studiogäste äußerst erbaulich: TV Smith, Wob Williams, Sigi Pop, ein Gospelchor und einige weitere Eastereggs. MIDDLE CLASS SYMPHONY steht genauso wenig gegen den Zeitgeist wie sie mit ihm geht. Sie beschimpft nicht den Großkotz oder glorifiziert den Underdog – sie steht mit rudernden Armen, Kajalstrich, Mutterwitz und herrlichen Kadenzen auf der Boombox an der Ampel gegenüber und fragt schmunzelnd: Habt Ihr noch alle Latten am Zaun? Ein wundervolles Stückchen 'small town poetry from the very center of world's end' eben.